Müssen Wurzelkanalspülungen steril sein?

Vielen Dank für die wirklich interessante Frage zur Notwendigkeit von sterilen Instrumenten und Medizinprodukten bei endodontologischen Behandlungen.

Sie haben natürlich Recht, dass endodontologische Instrumente nach der Empfehlung der KRINKO als „kritische Medizinprodukte“ einzustufen sind. Nach unserer Meinung ist in der Mundhöhle nicht nur der Kontakt zu Wunden (Geweben), sondern der zusätzliche speicheldichte Wundverschluss als Kriterium für die Notwendigkeit von sterilen Instrumenten gegeben. Das erscheint bei Wurzelkanalbehandlungen gegeben.

Der Rückschluss auf eine Sterilität von Präparaten zur Wundspülung besteht nach unserer Überzeugung aber nicht. Denn alle uns bekannten wissenschaftlichen Studien zur Erfolgsaussicht von Wurzelbehandlungen wurden nach unserer Kenntnis mit sterilen Wurzelkanalinstrumenten, aber ansonsten nicht sterilen Spüllösungen und Wurzelfüllmaterialien durchgeführt.

  • Zur Wurzelkanalspülung werden unterschiedliche Materialien eingesetzt. Dies sind Lösungen zur Desinfektion (z.B. NaOCl oder CHX) und auch zur Entfernung der Schmierschicht (EDTA, Zitronensäure). In einer gemeinsamen Stellungnahme[1] der DGZMK und DGZ zur Wurzelkanalspülungen gibt es keine Aussagen zur mikrobiologischen Beschaffenheit der Spüllösungen.Bei EDTA, Chlorhexidin und Zitronensäure handelt es sich mit Sicherheit um nicht sterile Lösungen. In der Regel werden Fertigpräparate aus dem Dentalhandel verwendet, aber es sind auch Rezepturen aus der Apotheke im Einsatz. Weder bei den Fertigpräparaten (Beispiele als Anlage) noch bei den Rezepturen sind die Präparate als „Steril“ ausgelobt. Nachfragen bei Apotheken ergab, dass zur Verdünnung des Wirkstoffs in der Regel Wasser für Injektionszwecke benutzt wird, die Herstellung aber nicht im Reinraum erfolgt.

 

  • Die Mehrzahl der zur medikamentösen Einlage verwendeten Präparate auf Calciumhydroxidbasis sowie die für die Wurzelkanalfüllung verwendeten Sealer und Guttaperchastifte werden als Handelspräparate nicht steril geliefert und können auch vom Zahnarzt nicht sterilisiert werden können.Nach Auffassung des DAHZ gibt es daher keine Hinweise auf eine Notwendigkeit für eine Sterilität der Wurzelkanalspülungen. Das wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass bisher keinerlei Infektionen durch sporenbildende Bakterien (z.B. Clostridium perfingens) nach endodontologischen Behandlungen publiziert wurden.

Die mikrobiologische Beschaffenheit der Spüllösungen ist daher nach unserer Auffassung als gegenwärtig wissenschaftlich ungelöste Frage zu betrachten (RKI-Kategorie III) und  die Entscheidung dem behandelnden Zahnarzt zu überlassen.

Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DAHZ)

Dr. Prof. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil Lutz Jatzwauk
Dr. med. dent. Frank Müller
Dr. med. dent. Kai Voss

25.01.2016

[1] „Die Wurzelkanalspülung“ – Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) und der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ)  2006