In der Fachpresse werden zahnärztliche Behandlungen mit einem erhöhten COVID-19- Infektionsrisiko für die Mitarbeiter der Zahnarztpraxis assoziiert. Kann man sich mit Atemschutzmasken vor diesen Aerosolen schützen?

Bei zahnärztlichen Behandlungen unter Nutzung wassergekühlter Übertragungsinstrumente sowie der PZR und ZEG werden erhebliche Mengen von Tröpfchen unterschiedlicher Größe freigesetzt. Da im Speichel von mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten bis zu 109 RNA- Kopien pro ml enthalten sein können (1,2), ist auch das bei der Behandlung aus der Mundhöhle austretende Luft- Wasser- Gemisch als infektiös zu betrachten. Zur Minimierung von nosokomialen Infektionsrisiken hat sich bewährt, nicht nur eine einzige Präventionsmaßnahme, sondern gleichzeitig mehrere Hygienemaßnahmen einzusetzen (3).  Die so genannte „Bundle Strategy“ / Bündel-Strategie vermittelt für einzelne hygienerelevante Prozesse die Integration von mehreren synergistischen, evidenzbasierten Prozeduren.

Im Rahmen der CoViD-19 Prävention bei zahnärztlichen Behandlungen besteht ein solches Maßnahmenbündel mindestens aus:

  Präventionsmaßnahme Viruslast im Speichel / Spraynebel

(RNA-Kopien/ml)

  ohne 109
1 Antiseptischer Mundspülung vor der Behandlung (4,5) 107
2 Kofferdam (wo möglich) und Verdünnung durch das Prozesswasser der Dentaleinheit (6) 105
3 Konsequente, hochvolumige Absaugung (ca. 300 l /Minute) mit einer Saugkanüle von mindestens 10 mm Durchmesser (7) 103
4 Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in Verbindung mit einer Schutzbrille oder einem Gesichtsschutzvisier bei Patienten (8) 100
5 Alternativ zu 4: Tragen einer FFP2- Maske in Verbindung mit einer Schutzbrille (8) 40

 

Die minimale Infektionsdosis von SARS-CoV-2 ist auch 12 Monate nach Beginn der Pandemie wissenschaftlich noch nicht exakt definiert. Es wird aber eine Anzahl von „mehreren Hundert“ infektiöser Viruspartikel diskutiert (9). Diese kann bereits durch die unter 1-4 aufgeführten Hygienemaßnahmen deutlich unterschritten werden, zumal nicht alle im Sprühnebel vorhanden RNA-Kopien infektiöse Viruspartikel darstellen und noch viel weniger tatsächlich auch eingeatmet werden. Das Tragen von Gesichts-oder Atemschutzmasken ist dabei nur als ein Baustein des Maßnahmenbündels zum Schutz vor CoViD-19 bei zahnärztlichen Behandlungen zu betrachten. Da die genannten Hygienemaßnahmen seit Jahren routinemäßig in der Zahnmedizin als Bestandteil der Basishygiene praktiziert werden, ist  nicht verwunderlich, dass zahnärztliche Behandlungen seit Jahren nicht mit einem erhöhten Risiko respiratorischer Infektionen für die exponierten Mitarbeiter assoziiert waren (10). Ausführliche Informationen zum Thema werden in der aktuellen AWMF-Leitlinie„Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ (AWMF-Registernummer: 083-046) gegeben (11).

Prof. Dr. Jatzwauk 10.12.2020

Literatur:

  1. Medeiros da Silva RC, Nogueira Marinho LC, de Araújo Silva DN, Costa de Lima K, Pirih FQ, Luz de Aquino Martins AR. Saliva as a possible tool for the SARS-CoV-2 detection: A review [published online ahead of print, 2020 Nov 19]. Travel Med Infect Dis. 2020;38.
  2. To KK, Tsang OT, Leung WS, Tam AR, Wu TC, Lung DC, Yip CC, Cai JP, Chan JM, Chik TS, Lau DP, Choi CY, Chen LL, Chan WM, Chan KH, Ip JD, Ng AC, Poon RW, Luo CT, Cheng VC, Chan JF, Hung IF, Chen Z, Chen H, Yuen KY. Temporal profiles of viral load in posterior oropharyngeal saliva samples and serum antibody responses during infection by SARS-CoV-2: an observational cohort study. Lancet Infect Dis. 2020 May;20(5):565-574.
  3. Gebhardt FE, Wantia N. Prävention nosokomialer Infektionen durch Bündel. Evidenz und praktische Umsetzung. Med Klin Intensivmed Notfmed. 2013 März;108(2):119-24.
  4. Reis INR, do Amaral GCLS, Mendoza AAH, et al. Can preprocedural mouthrinses reduce SARS-CoV-2 load in dental aerosols? [published online ahead of print, 2020 Nov 27]. Med Hypotheses. 2020;110436.
  5. Meister TL, Brüggemann Y, Todt D, et al. Virucidal Efficacy of Different Oral Rinses Against Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2. J Infect Dis. 2020;222(8):1289-1292.
  6. DIN EN ISO 7494-2:2015-08. Zahnheilkunde – Zahnärztliche Behandlungseinheiten – Teil 2: Luft-, Wasser-, Absaugungs- und Abwassersysteme (ISO 7494-2:2015); Deutsche Fassung EN ISO 7494-2:2015
  7. Graetz C. (Studie noch nicht publiziert, wird nachgeliefert)
  8. Dreller S, Jatzwauk L, Nassauer A., Paszkiewicz, P, Tobys H-U, Rüden H. Zur Frage des geeigneten Atemschutzes vor luftübertragenen Infektionserregern. Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft 66 (2006) Nr. 1/2, S. 14-24.
  9. van Schaik W in „Expert reaction to questions about covid-19 and viral load; Science Media Centre, 24.3.2020.
  10. Tran K, Cimon K, Severn M, Pessoa-Silva CL, Conly J. Aerosol generating procedures and risk of transmission of acute respiratory infections to healthcare workers: a systematic review. PLoS One. 2012;7(4):e35797.
  11. S1 Leitlinie „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ (AWMF-Registernummer: 083-046,2020)